Fastnacht in RLP: Immer mehr große Umzüge fallen aus – Stirbt ein Brauchtum aus?

In ganz Rheinland- Pfalz werden immer mehr Umzüge abgesagt. Es werden "ernste Gesichter" aufgesetzt, es raufen sich Närrinnen die Perücken. Fastnacht und Karneval im Land sind in Sorge.
(c) Florian Blaes
(c) Florian Blaes

Sicherheitsauflagen sind zu Kostspielig

Keine Fastnachtsumzüge – nach zwei Jahren Corona-Pause sieht es mau aus mit der Karnevalsstimmung in Rheinland-Pfalz. Überall wird wegen hoher Kosten für die Sicherheit geklagt, auch in der Hochburg Mainz. „Fastnacht ist eine ernste Sache, das weiß man“, sagt dort Bürgermeister Günter Beck (Grüne).

Als Grund für die strengeren Sicherheitsauflagen nannten zum Beispiel Frankenthal und Bellheim die 2021 in Kraft getretene Änderung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (POG). „Das aktuelle Sicherheitskonzept orientiert sich an den gültigen Auflagen des POG sowie aktuellen Rahmenbedingungen, die einzukalkulieren sind„, erklärt der Frankenthaler Bürgermeister Bernd Knöppel (CDU). „Wir müssten beispielsweise das Sicherheitspersonal von einer geringen Anzahl auf nennenswerte 20 Personen aufstocken und hätten eine Anmietung von 39 Fahrzeugen organisieren müssen, die wir bisher nicht hatten.“ Die zu erwartenden Mehrkosten in fünfstelliger Höhe seien für zwei Stunden Umzug nicht mehr verhältnismäßig gewesen.

Sterben Fastnachtsumzüge aus?

„Dieses erhöhte Sicherheitskonzept ist der Tod der Straßenfastnacht mit dem traditionellen Umzug“, sagt der Vorsitzende der Karnevalgesellschaft Bellheim, Gerald Bleimaier. Dort gab es den Umzug am Sonntag vor Fastnacht seit 1959, mit Strahlkraft über den südpfälzischen Ort hinaus. Seitdem sei der Umzug nur einmal wegen des Golfkriegs und zweimal wegen Corona ausgefallen, sagt Bleimaier. Zuletzt nahmen 2.500 Menschen in 47 Gruppen am Umzug in Bellheim teil, mit mehr als 20.000 Menschen am Straßenrand.

Eine teure Sache werden die Sicherheitsvorkehrungen in der Fastnachtshochburg Mainz. Als Veranstalter des Rosenmontagszugs rechnet der Mainzer Carneval-Verein (MCV) mit rund 200.000 Euro für Ausgaben wie die Erstellung des Sicherheitskonzepts, Security-Kräfte, Wagenbegleiter und Sanitätsdienst. Das sei eine Steigerung im Vergleich zum Rosenmontag 2020 um etwa 50.000 Euro, sagt MCV-Präsident Hannsgeorg Schönig. Auch der zeitliche und finanzielle Aufwand für das Sicherheitskonzept habe sich „aufgrund umfangreicher Rückfragen und Änderungsanforderungen seitens der Genehmigungsbehörden“ deutlich erhöht.

Innenausschuss berät sich nochmals über strengere Regeln

Das zuletzt 2020 geänderte Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG) von Rheinland-Pfalz sieht drei Arten von Veranstaltungen unter freiem Himmel vor – mit weniger und mit mehr als 5.000 Besuchern sowie Großveranstaltungen ab mindestens 15.000 gleichzeitig anwesenden Besuchern. „Wenn an einigen Orten Veranstaltungen abgesagt werden, ist das nicht schön“, sagt Innenminister Michael Ebling (SPD). „Das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz kann dafür aber nicht verantwortlich gemacht werden. Das Gesetz schreibe den Veranstaltern nämlich nicht vor, welche Sicherheitsmaßnahmen im Einzelfall konkret erforderlich seien. „Es ist völlig klar, dass das nur vor Ort entschieden werden kann.“

Fastnacht und Sicherheit – das ist zum Politikum geworden. Nach der Absage des Umzugs in Frankenthal machten Politiker aus allen drei Oppositionsparteien im Mainzer Landtag ernste Gesichter. „Es darf nicht sein, dass prägende Bestandteile unserer heimischen Kultur wegbrechen“, sagt der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Dirk Herber. „Wir haben diese Fragen deshalb auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Innenausschusses setzen lassen“ – dessen Mitglieder kommen am 31. Januar zusammen.

Fast keine Absagen in der Region Trier

In der Region Trier sind bislang fast keine Absagen von Fastnachtsumzügen veröffentlicht worden. Lediglich in Konz wurde der Umzug nun abgesagt. Neben der hohen Sicherheitsauflagen und damit verbundenen Kosten, liegt es aber auch daran, dass sich zu wenige Gruppen angemeldet hatten.

 

Deutsche Presse Agentur